Mehr als 80 Akteur*innen aus den verschiedensten Disziplinen des Sports sind beim ersten übergreifenden digitalen Netzwerktreffen des Vereins Sports For Future e. V. am Mittwoch, 24. November 2021 zusammengekommen, um sich über Klimaschutzprojekte auszutauschen, Klimaneutralität zu diskutieren und sich zu vernetzen. Nicht nur zahlreiche Sportler*innen folgten der Einladung. Auch Vertreter*innen aus Vereinen, Verbänden, Initiativen, Industrie und Wissenschaft zeichneten in einer sehr aktiven Runde ein vielschichtiges Bild zur Frage, wie der Sport in Sachen Klimaschutz wirken kann.
„Die starke Resonanz, der rege Austausch und der engagierte Einsatz aller Teilnehmenden zeigt, wie relevant das Thema Klimaschutz im Sport geworden ist“, sagte Stefan Wagner, 1. Vorsitzender von Sports For Future, der das Netzwerktreffen moderierte. „Sowohl die Profis als auch der Breitensport, große wie kleine Organisationen, konnten wichtige Beiträge und neue Impulse liefern, was einmal mehr zeigt, dass wir gemeinsam (noch) viel mehr bewegen können. Wir als Sportgemeinschaft wollen eine Stimme sein für den Klimaschutz und Impulse in die Gesellschaft setzen.“ Claudia Fischer, 2. Vorsitzende, ergänzte: „Es ist großartig zu sehen, wie schnell sich im Verlauf des Treffens und im anschließenden Austausch Anknüpfungspunkte zwischen den Teilnehmenden fanden. Wir freuen uns, hier vielleicht die eine oder andere fruchtbare Kooperation angeregt zu haben.“
Auf den Tag genau ein Jahr zuvor hatte der Verein Sports For Future die Initiative Sports4Trees ins Leben gerufen, eine niedrigschwellige Aufforstungskampagne, die – neben dem Anpflanzen von Bäumen – vor allem als Türöffner für Klimathemen dienen möchte. Hierauf blickte Wagner zunächst in einer kurzen Präsentation zurück. So haben sich inzwischen Vereine wie Waldhof Mannheim, Athlet*innen der Nationalmannschaften im Rudern bzw. Badminton, aber auch kleinere Clubs wie der SV Grün-Weiß Mühlen der Initiative angeschlossen. Sie alle haben eigene Wege gefunden, sich zusammen mit Sports For Future über ihre Projekte für mehr Klimaschutz im Sport einzusetzen. Eint sie doch der Gedanke, mit ihren Aktionen nicht nur selbst auf das Klima zu wirken, sondern einen Anstoß für viele andere Menschen zu geben. Durch diese Kooperationsprojekte und andere Spenden konnten über Sports4Trees bislang 97.643 Bäume und 103.174 Mangroven gepflanzt, eine Waldfläche von 9.010 Fußballfeldern geschützt und 49.000 Schüler*innen und Lehrer*innen involviert werden.
Es schlossen sich zwei kurzweilige Diskussionsrunden an. In einer ersten Runde gaben Katharina Morlang, Referentin der Deutschen Sportjugend (DSJ) und Prof. Dr. Torsten Weber von der CBS International Business School gemeinsam spannende Einblicke in ihr wissenschaftliches Kooperationsprojekt, in dem die Dimensionen der Nachhaltigkeit in der Deutschen Sportjugend analysiert wurden. Ein Projekt, dessen Ergebnisse auch auf andere Organisationen übertragbar sein werden – die Nachfrage ist bereits jetzt groß. Morlang appellierte an alle Teilnehmenden, die aktuelle Dynamik in der Jugend zu Umweltthemen zu nutzen und Jugendliche stärker zu beteiligen.
Der SV Waldhof Mannheim 07 hat den Nachhaltigkeitsgedanken schon seit Jahren fest im Verein verankert, wie Julia Best, CSR-Beauftragte von Waldhof Mannheim, berichtete. Unter dem Dach von „Herzbuwe“, dem gesellschaftlichen Engagement des Vereins, stehen momentan zwei Klimaprojekte im Fokus: Zum einen können Fans sich für den Kauf eines Klimatickets entscheiden. Zum anderen werden durch den Verkauf jedes Trikots der aktuellen Saison drei Euro an ein Schulprojekt in Nigeria gespendet. Beide Projekte werden von den Fans sehr gut angenommen, sodass bereits in den ersten vier Monaten mehr als 1.800 Mangroven gepflanzt werden konnten und weitere knapp 7.000 Euro für das Schulprojekt gespendet wurden.
Die beiden Ruderinnen der Deutschen Nationalmannschaft, Carlotta Nwajide und Fini Sturm, haben gemeinsam mit Sports4Trees den Ruderwald ins Leben gerufen – ein Aufforstungsprojekt in Kenia. Auslöser für das Engagement waren die hohen Emissionen, die die Athlet*innen vor allem im Olympiajahr 2020 verursacht hatten und die beide Sportlerinnen ausgleichen wollten. Doch auch ihnen geht es um mehr: Mit der Aktion möchten sie über die Kompensation hinaus auf die Rolle des Sports in der Klimakrise aufmerksam machen und das Bewusstsein dafür schärfen.
Immer mehr Profisportler werden sich ihrer Rolle bewusst und handeln: Miranda Wilson, Badminton–Nationalspielerin, gründete gemeinsam mit Teamkollegen Kai Schäfer das Projekt BadmintONEarth. In Kooperation mit Sports4Trees entstand ein Aufforstungs- und Klimaschutzprojekt, durch das in der DR Kongo Bäume gepflanzt, Solarenergie und soziale Belange gefördert werden. Direkt sollen damit die entstehenden Emissionen durch Turnierreisen und ähnliches ausgeglichen werden. Wie die Ruder*innen wollen sie zudem die Reichweite ihres Sports und ihre Vorbildfunktion nutzen, um andere zu aktivieren. Als Klimabeauftragte des Deutschen Badmintonverbandes treiben Wilson und Schäfer das Thema konsequent weiter.
Was bedeutet „klimaneutral“ überhaupt? Wie ermittelt man als Verein den aktuellen Stand seiner Emissionen? Welche Maßnahmen lassen sich kurz- mittel- oder langfristig umsetzen? Ob Profi- oder Amateursportverein, die Fragen sind überall die gleichen. Sports For Future hat die Plattform des Netzwerktreffens genutzt, um dieses Thema in einer zweiten Diskussionsrunde nach vorne zu tragen, transparenten Austausch zu fördern und so als Sportwelt gemeinsam mehr zu erreichen.
Die Allianz für Entwicklung und Klima verknüpft Entwicklungszusammenarbeit mit internationalem Klimaschutz – mithilfe des Instruments der freiwilligen Kompensation von Emissionen. Peter Renner, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, betonte, dass pauschale Kompensation von Emissionen ohne zusätzliche Maßnahmen zur Vermeidung und Reduktion nicht ausreichen. Bei der Auswahl der Kompensationsprojekte sei es wichtig, für langfristig wirksames Handeln auf z.B. mit dem Gold Standard zertifizierte Projekte zu setzen.
Der 1. FSV Mainz 05 ist diesen Weg bereits ein großes Stück gegangen und gilt seit 2010 als klimaneutral. Doch auch Christina Mayer, Teamleiterin CSR, nutzt den Begriff mit Vorsicht und bekräftigte Renners Argumentation. So erweitert der FSV Mainz systematisch seine Analysen und Maßnahmen, zum Beispiel um die Aspekte Aufklärung und Bildung.
In seiner Doppelfunktion als Vorstandsvorsitzender der TSC Eintracht Dortmund und Vorstand des Freiburger Kreises gab Dr. Alexander Kiel Einblicke in die Herausforderungen eines weiteren spannenden Projekts: Der TSC Eintracht möchte in einem Pilotprojekt als erster Breitensportverein in Deutschland seinen ökologischen Fußabdruck ermitteln. Übergeordnetes Ziel ist die Entwicklung eines CO2-Rechners, den Sports For Future gemeinsam mit dem Freiburger Kreis und myclimate verwirklichen möchte. Der Rechner soll es auch kleinen Vereinen ermöglichen, mit überschaubarem Aufwand möglichst verlässliche Zahlen zu ermitteln. Wichtig ist Dr. Kiel, dass die Ergebnisse nicht geschönt, sondern so genau und ehrlich wie möglich dargestellt werden. Nur so können Ansatzpunkte erkannt und mit der notwendigen Tiefe angegangen werden.
Auch in den Medien und damit einer breiten Öffentlichkeit kommt die Kombination aus Sport und Klimaschutz immer mehr an. Um das Thema stärker zu verankern hat der Sport-Informations-Dienst (SID), Medienpartner von Sports For Future, ein neues Ressort Nachhaltigkeit geschaffen. Die aktuellen Meldungen gehen an verschiedenste Redaktionen, laufen aber auch auf der Website von Sports For Future auf. Jörg Soldwisch, Redakteur und Büroleiter Berlin des SID, berichtete von dem großen Zuspruch, den die Berichte in der Redaktion erfahren. Positiv bewertete er auch das spürbare Interesse und die Bereitschaft größerer Zeitungen, das Thema künftig zu vertiefen.
Nach rund zwei Jahren hat Sports For Future bereits viel bewegt, Menschen zusammengebracht und Projekte angestoßen. Was wünschen sich die Netzwerkmitglieder für die Zukunft? In einer offenen Umfrage zeigte sich beim Netzwerktreffen, dass die bisherigen Maßnahmen immer noch relevant sind. Viele weitere Anregungen werden nun aufgenommen und bewertet, wie zum Beispiel der Wunsch nach einem stärkeren Engagement in Richtung Politik und Bildung oder aber auch die Etablierung von lokalen Sports-For-Future-Botschafter*innen.
Überhaupt zeigte das Treffen deutlich, wie breit und vielfältig die Akteur*innen des Sports zu Klimathemen aufgestellt sind und welche positive Dynamik sich aktuell entfaltet. Viele nutzten die Chance zum abschließenden offenen und intensiven Netzwerken. Und es war schnell klar, dass im nächsten Jahr ein weiteres Event stattfinden soll – dann hoffentlich in Präsenz.