Mit Umwelt-Bildung aus der Klimakrise

Mein Name ist Max Beer und ich habe meine Masterarbeit über die ökologische Nachhaltigkeit in der Fußball-Bundesliga geschrieben. Im Rahmen von Blogbeiträgen möchte ich zentrale Erkenntnisse dieser Arbeit vorstellen. Die Untersuchung und Ergebnisse beziehen sich zwar auf professionelle Fußballclubs, können aber auch in großen Teilen auf professionelle Sportclubs übertragen werden.

Die COVID-19 Pandemie zeigt, wie wichtig Bildung und Vertrauen in die Wissenschaft ist. Diese Erkenntnis kann auch auf die Klimakrise übertragen werden, da Wissenschaftler:innen schon lange vor dem jetzigen Klimazustand gewarnt haben. Wir befinden uns in der größten Krise der Menschheit, weil politische Amsträger:innen zu lange die Warnsignale der Wissenschaft ignoriert haben. Warum das so ist, lässt sich nur mutmaßen, ich glaube dennoch, dass das stärker aus Eigeninteresse und Ignoranz als aufgrund eines fehlenden akademischen Grades geschehen ist. Für mich war es dennoch interessant zu untersuchen, inwiefern der Bildungsstand von Fußballfans die Wahrnehmung auf ökologisch-nachhaltige Aktivitäten beeinflusst. Eine solche Untersuchung ist dahingehend interessant, inwiefern Fußballclubs diesen Aspekt in der Kommunikation von Klimaschutzaktivitäten berücksichtigen müssen, um die Zielgruppenansprache effektiv und effizient zu gestalten.

Wissenschaftlich wurde bereits nachgewiesen, dass Personen mit einem höheren Abschluss, insbesondere mit einem (Fach-)Hochschulabschluss, eine höhere Wahrnehmung hinsichtlich CSR-Aktivitäten entwickeln[1]. In der Forschung wurden Personen im Allgemeinen bereits als eher sozial verantwortlich eingestuft, wenn sie einem hohen Bildungsniveau zugeordnet wurden[2] (Roberts, 1996, S. 80). Daher ist es für die Analyse wichtig Unterschiede in der Wahrnehmung von Umweltaktivitäten zwischen einem niedrigen und einem hohen Bildungsniveau zu prüfen. In einer Online-Umfrage bezüglich der Umweltaktivitäten von Clubs in der Fußball-Bundesliga, an der 414 Personen* teilnahmen, wurde auch der Bildungsstand erfragt, wodurch die Ergebnisse zwischen einem niedrigen und hohen Bildungsniveau verglichen und unterschieden werden können.

Ein geringes Bildungsniveau wird in der Analyse durch den niedrigsten Bildungsabschluss der befragten Personen bestimmt. 32 Personen haben angegeben, einen Hauptschulabschluss als höchsten Bildungsabschluss zu besitzen. Das hohe Bildungsniveau wird äquivalent dazu durch den höchsten in der Umfrage angegebenen Bildungsabschluss gebildet, welcher von 112 Personen als (Fach-)Hochschulabschluss ausfällt, worunter die Abschlüsse Bachelor, Master, Magister, Diplom, Staatsexamen und Promotion gezählt werden. Die statistische Auswertung zeigt, dass es signifikante Unterschiede in der Wahrnehmung der Umweltaktivitäten der Clubs gibt. Dadurch kann die Hypothese bestätigt werden, dass der Bildungsstand einen Einfluss auf die Wahrnehmung von Umweltaktivitäten der Fußballclubs hat.

Auf einer Skala von 1 bis 5 konnten die Fans in der Online-Umfrage mehrere Fragen zu dem ökologisch-nachhaltigen Engagement ihres Lieblingsclubs beantworten. Die Personen mit einem niedrigen Bildungsniveau halten demnach ein Umweltengagement ihres Lieblingsclubs mit einem durchschnittlichen Wert von 3,34 für weniger sinnvoll als die Personen mit einem hohen Bildungsniveau (4,23). Mit einem ungefähr gleichen Abstand zwischen den beiden Mittelwerten wird auch das Umweltbewusstsein der Personen eingeschätzt. Demnach attestieren sich die Personen mit einem niedrigen Bildungsniveau ein geringeres Umweltbewusstsein (2,34) als die Personen mit einem hohen Bildungsniveau (3,21). Interessanterweise vergeben Personen mit einem niedrigen Bildungsniveau dagegen ihren Lieblingsclubs einen höheren Ökologie-Score**. Dieser ergibt sich ebenfalls aus der Online-Umfrage, indem mehrere Fragen bezüglich des Umweltengagements eines Clubs zusammengefasst werden und sich daraus ein Mittelwert ergibt. Mit einem durchschnittlichen Ökologie-Score von 3,54 bewerten die Fans mit einem hohen Bildungsniveau die ökologische Nachhaltigkeit ihrer Clubs deutlich schlechter als die Fans mit einem niedrigen Bildungsniveau (4,04).

Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass Personen mit einem niedrigen Bildungsniveau Umweltmaßnahmen des eigenen Lieblingsclubs für weniger sinnvoll halten und sich selbst auch als weniger umweltbewusst einschätzen. Es lässt sich vermuten, dass dies zu einer weniger kritischen Haltung gegenüber Umweltmaßnahmen führt, was sich in dem deutlich höheren Ökologie-Score der Stichprobengruppe widerspiegelt. Für die Clubs kann die unterschiedliche Ansprache eine Herausforderung darstellen, da über die Online- und Offline-Kanäle schwer nach einem Bildungsniveau unterschieden werden kann. Es finden sich jedoch einige Ansätze, wie die Kommunikation an das geringere Bildungsniveau ausgerichtet werden kann. Maßnahmen können demnach nach der Umweltbildung der geringeren Bildungsschichten und der Erfüllung der Erwartungen der höheren Bildungsschichten unterschieden werden.

Ein Schritt könnte darstellen, dem jährlichen Nachhaltigkeitsbericht die Funktion „Leichte Sprache“ hinzuzufügen, sodass der vermeintlich komplexe Sachverhalt in einfacher und verständlicher Sprache zur Verfügung steht. Darüber hinaus kann der Club darauf achten bei Projekten in strukturschwächeren Regionen Aufklärungsarbeit hinsichtlich der Relevanz und der Funktion von ökologisch-nachhaltigen Aktivitäten zu leisten. Über Out-of-Home Werbemittel können diese Regionen gezielt angesteuert und mit aufklärenden Inhalten versehen werden. Darüber hinaus können Werbemittel und Kooperationsmarketing in Discountern und öffentlichen Verkehrsmitteln eingesetzt werden, um hier zusätzlich die Wahrnehmung bei den Personen mit geringerem Bildungsniveau positiv zu erhöhen. Es ist zu vermuten, dass Personen mit geringerem Bildungsniveau eher an den genannten Touchpoints zu erreichen sind. Der Club kann zudem Ausbildungsstellen im Nachhaltigkeitsbereich schaffen und somit wertvolle Aufklärungsarbeit leisten sowie gleichzeitig qualifizierte Mitarbeiter:innen für den Klimaschutz ausbilden und an den Club binden.

*Aufgrund des Untersuchungsdesigns der Masterarbeit wurden Fans der sechs Vereine Eintracht Frankfurt, Schalke 04, RB Leipzig, Borussia Dortmund, TSG 1899 Hoffenheim und Mainz 05 im Zeitraum vom 10.12.2020 bis zum 28.02.2021 befragt.

** Ökologie-Score[3] | (1 stimme gar nicht zu – 5 stimme voll zu)

1. Ich denke, dieser Club achtet besonders auf ökologisch nachhaltige Partnerschaften und Kooperationen.

2. Ich denke, dieser Club ist intern mit einem Umweltteam besonders professionell aufgestellt.

3. Ich denke, dieser Club geht besonders verantwortungsvoll mit der Ressource Energie um.

4. Ich denke, dieser Club geht besonders verantwortungsvoll mit der Ressource Wasser um.

5. Ich denke, dieser Club setzt sich aktiv für Recycling und weniger Abfall ein.

6. Ich denke, dieser Club setzt sich im Vergleich zu den anderen Clubs in der Fußball-Bundesliga stark für das Thema Biodiversität ein.

7. Ich denke, dieser Club reduziert durch aktive Maßnahmen seinen CO2-Fußabdruck ständig.

8. Ich denke, dieser Club unterstützt mich, bei der An- und Abreise klimafreundliche Mobilitätslösungen zu nutzen

[1] Quazi, A. M. (2003). Identifying the determinants of corporate managers’ perceived social obligations. Management Decision, 41(9), 822–831. S. 828

[2] Roberts, J. A. (1996). Will the real socially responsible consumer please step forward? Business Horizons, 39(1), 79–83. S.80

[3] In Anlehnung an Martínez und Rodríguez del Bosque, 2014, S. 253. Sustainability Dimensions: A Source to Enhance Corporate Reputation. Corporate Reputation Review, 17(4)